Maggi Speisewürze statt Sojasauce, Karpfen statt Lachs, Spinat statt Seetang – Rolf Anschütz musste anfangs sehr kreativ sein, um seinen Traum von einem japanischen Restaurant in der damaligen DDR umzusetzen. Der Koch leitete das von der Handelsorganisation (HO) der DDR betriebene Restaurant „Waffenschmied“ in Suhl, in dem eigentlich Thüringer Küche auf der Speisekarte stand. Doch 1966 servierte Anschütz seinen Gästen erstmals ein japanisches Gastmahl. „Das war zu dieser Zeit eigentlich undenkbar“, sagt Gero Seifert. Der Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Halle war mit seiner Frau insgesamt zehn Mal im „Waffenschmied“ zu Gast. Beim Monatstreff September der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Regensburg berichteten Seifert und die Witwe von Rolf Anschütz, Sabine Anschütz, von der Leidenschaft des Kochs für das fernöstliche Land und von seinen Schwierigkeiten mit den DDR-Oberen. Japan war schließlich ein kapitalistisches Land – also der Klassenfeind. Der „Waffenschmied“ war jedoch so erfolgreich, dass die HO eine offizielle „Japanabteilung“ des Restaurants genehmigte.
„Das Restaurant war eine Institution in der damaligen DDR – es war ständig ausgebucht“, erinnert sich Seifert. Jedes Mal, wenn er und seine Frau dort waren, reservierten sie gleich einen Termin für das kommende Jahr. Auch Gabriele und Siegfried Straube, Besucher des Monatstreffs, kennen den „Waffenschmied“ noch aus eigener Erfahrung. Das Ehepaar, das seit 15 Jahren in Regensburg lebt, stammt ursprünglich aus dem Erzgebirge. „Man nahm ein japanisches Bad, zog dann einen Kimono an, dann wurde ein japanisches Festmahl mit vielen Gängen serviert“, erzählen sie. Zu den Speisen gab es Erklärungen – etwa aus welcher Gegend Japans das Gericht stammt und welche Zutaten verwendet wurden. „Es war ein Erlebnis – einmalig“, schwärmt Gabriele Straube.
Mit privaten Foto- und Filmaufnahmen, aber auch Ausschnitten aus Fernsehbeiträgen brachten Seifert und Sabine Anschütz den Besuchern des Monatstreffs die Atmosphäre im „Waffenschmied“ und im nach der Wende in Oberhof eröffneten Japanhotel „Sakura“ näher. Sabine Anschütz hatte außerdem zahlreiche Erinnerungsgegenstände an ihren Mann mitgebracht, darunter Fotoalben, ein japanisches Kochbuch, das er sich extra hatte übersetzen lassen, und originales Geschirr aus dem „Waffenschmied“. „Er hatte eine Vision und die hieß Japan“, sagt sie. Auch über den Kinofilm „Sushi in Suhl“, der 2012 die Geschichte von Rolf Anschütz und seinem Japan-Restaurant erzählte, diskutierten die Besucher mit den Referenten. Der Koch selbst erlebte die Kinopremiere nicht mehr: Rolf Anschütz verstarb im April 2008 im Alter von 75 Jahren.
Gero Seifert und Sabine Anschütz zeigen ein Foto von Rolf Anschütz